DER BORGO CASNÀCC:
Reste einer frühneuzeitlichen Siedlung
im Bergell
Casnàcc liegt strategisch günstig auf einer Hangterrasse oberhalb der Maira (am Gegenhang von Castasegna). Es handelt sich um einen «Borgo» (befestigter Ort) oder «Monte» (Maiensäss) und bestand aus Wohnhäuschen, Stallscheunen und Cascinen (Dörr hauser für Kastanien), die um eine Wiesenfläche dorfartig angeordnet waren. Heute sind neben dem Steinhaus der Fondazione Garbald noch ein weiteres Wohnhaus, mehrere in Mörtelmauerwerk ausgeführte Stallscheunen mit Eckpfeilern, aber auch verschiedene Trockenmauern ohne Mörtel sichtbar. Viele davon sind seit mindestens 400 Jahren unbenutzt. Die Aufgabe dieser Bauten könnte somit wie bei anderen Orten der Region mit den Bündner Wirren zusammenfallen.
Archäologie und Restaurierung
1981 wurde das turmartige Steinhaus Casnàcc im Siedlungskataster der kantonalen Denkmalpflege als «spätmittelalterlich» eingestuft. Damit wäre es eines der ältesten Gebäude im Umkreis. 2017 wurde die Hausruine durch die Fondazione Garbald restauriert und unter kantonalen Denkmalschutz gestellt.
2018 fand durch den Lehrstuhl von Prof. Dr. Carola Jäggi (Universität Zürich) eine detaillierte wissenschaftliche Aufnahme statt, gefolgt von einer Lehrgrabung mit Unterstützung des Archäologischen Dienstes Graubünden 2019.
(Quelle: www.garbald.ch (Flyer Borgo Casnàcc). Bild und Rekonstruktionsversuch: www.garbald.ch / Flyer Borgo Casnàcc)
Das Steinhaus der Fondazione Garbald nach der Restaurierung
Rekonstruktionsversuch der ursprünglichen Bausubstanz
Dabei wurden in erster Linie lokal hergestellte Lavezobjekte gefunden. Der sehr weiche Lavez oder Speckstein wurde z.B. im benachbarten Ort Piuro abgebaut. Dar aus fertigte man seit der Römerzeit Kochtöpfe, aber auch Spinnwirtel (Schwunggewicht der Handspindel) wie den in Casnàcc gefundenen.
Eine Wohnhaus-Ruine spätmittelalterlichen Typs
Die Ruine ist der Rest eines turmartigen Saalhaustyps, der im Bergell seit dem Mittelalter vorkommt. Typisch dafür sind das steinsichtig (Rasa Pietra) verputzte Mauerwerk, die mit grossen Steinplatten eingefassten Fenster und Türöffnungen, der betonte Eckverband sowie aussenliegende Aufgänge und Lauben, die heute nur noch durch Balkenlöcher in den Mauern rekonstruierbar sind. Das Haus besass einen Raum pro Geschoss, jeweils mit eigenem Zugang von aussen. Im Erdgeschoss befand sich ein fensterloser Speicherraum, im ersten Geschoss die Wohnküche mit Ausguss («Müllschlucker») im Norden; einhölzernes Obergeschoss mit Schlafkammern kann ergänzt werden. Stall und Scheune waren separate Bauten. Das Steinhaus könnte durchaus im 15./16. Jh. errichtet und bis in das späte 19. oder frühe 20. Jahrhundert benutzt worden sein.
(Quelle: www.garbald.ch / Flyer Borgo Casnàcc. Bild und Rekonstruktionsversuch: www.garbald.ch / Flyer Borgo Casnàcc)
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